Unsere Tochter “Finya” wurde gegen Ende des Jahres fast drei Monate zu früh geboren. Wir hatten uns bereits im Vorfeld mit dem Thema Frühgeburt auseinandergesetzt, da mein Muttermund schon zur Halbzeit der Schwangerschaft begonnen hatte, sich zu verkürzen. Daraufhin war mein Zervix unter Vollnarkose notfallmässig zugenäht worden, mit dem erklärten Ziel der Ärztin, es so hoffentlich bis zur 30. Schwangerschaftswoche zu schaffen. Die Wehen setzten dann jedoch das erste Mal in der 27. Schwangerschaftswoche ein. Mit Wehenhemmer konnte die Geburt noch bis SSW 28+4 hinausgezögert werden. Letztlich war dann eine Infektion der Auslöser der frühen Geburt unserer Tochter.
Während ich nach der Spontangeburt noch im Kreissaal lag, wurde unser Baby im Nebenzimmer bereits neonatologisch versorgt. Meine Infektion hatte bei “Finya” zu einer beginnenden Sepsis geführt, was wohl ihre Atemsituation noch erschwerte. So musste unsere Tochter nach wenigen Minuten intubiert werden, als sie das Atemnotsyndrom entwickelte. Mein Mann durfte “Finya” danach besuchen und bekam eine erste Einweisung in den Umgang mit unserem gerade einmal 1150 Gramm leichten Frühchen: mit den Händen am Po und am Kopf sollte unser Mädchen physisch “wie im Mutterleib” begrenzt werden, um ihr ein Gefühl der Vertrautheit und Sicherheit zu vermitteln.
Nie werde ich den Moment vergessen, als ich dann auch endlich zu “Finya” durfte und von den lieben Pflegepersonen dafür auf die Neonatologie geschoben wurde. Noch war ich ans Bett gefesselt aufgrund der PDA, die mein Bein vorübergehend gelähmt hatte. Während mir “Finya” bei der Geburt erstaunlich “fertig” vorgekommen war und ich noch gedacht hatte, dass sie natürlich etwas kleiner als termingeborene Babies war, aber ansonsten auf mich wirkte wie jedes andere Baby auch, so musste ich dann doch die Tränen runterschlucken, als ich “Finya” nun vor mir im Inkubator liegen sah. Plötzlich wirkte sie durchaus sehr zerbrechlich und wie verloren in der großen Isolette. Die Batterie an Infusionen sowie die zig Kabel der Überwachungsgeräte erinnerten mich mit voller Wucht daran, dass unser Babylein hier nur dank der modernen Medizin und der fachmännischen und liebevollen Pflege durch die Ärzte und Pflegefachkräfte eine reelle Chance auf ein (Über-)Leben hatte.
Damals wussten wir nicht, ob unser Kind aufgrund der frühen Geburt Einschränkungen in seinem Leben würde erfahren müssen. Wir lebten von Tag zu Tag, immer in der Hoffnung, dass der nächste Tag wenigstens nicht schlechter als der Tag davor sein möge, im besten Falle jedoch sogar besser. Anfangs wurden wir Schritt für Schritt eingeführt in die Bedeutung der Zahlen und Kurven auf den Monitoren. Wir begannen, die Alarmsignale einordnen zu können und bekamen gezeigt, wie man die Sättigungssonde beim Kehr von “Finyas” einem Fuss auf den anderen Fuss umlegt. Mehr und mehr wurden wir aktiv in “Finyas” Tagesablauf eingebunden. Während ich anfangs noch etwas ängstlich war, wenn ich wieder mit Wickeln dran war -- Würde ich alles richtig machen? Würde ich “Finya” behutsam genug bewegen können? -- so gewannen sowohl mein Mann als auch ich mehr und mehr Selbstvertrauen unter der kundigen Anleitung der Pflege.
Im Laufe der vielen Wochen auf der Neonatologie durchliefen wir viele Höhen, aber auch einige Tiefen. So gab es nach den ersten drei Hirnultraschalluntersuchungen Unklarheit darüber, ob sich “Finyas” Hirn gut entwickelte oder nicht, da die Bildgebung wiederholt zu hell schien. Am Silvesterabend kam dann die Entwarnung nach dem vierten Ultraschall – alles war gut.
Die Achterbahnfahrt der Gefühle kann man sich nur schwer vorstellen. Hoffnung und Sorge sind auf der Neonatologie eben immer untrennbar miteinander verknüpft. Ohne die Unterstützung und Empathie durch die Pflegepersonen, die immer die richtigen Worte zu finden scheinen und versuchen, so gut wie möglich zu unterstützen, kann man diese Zeit nur schwer bewältigen. Auch jeden Abend sein geliebtes Kind im Spital zurücklassen zu müssen, kann man emotional nur ertragen, wenn man den Pflegekräften uneingeschränkt vertrauen kann.
Von daher möchte ich all den tollen Menschen, die auf der Neonatologie tagtäglich mit soviel Herzblut arbeiten, danken: DANKE für Euren Einsatz, DANKE für Eure Fachkompetenz, DANKE für all das, was Ihr nicht nur für Eure Schützlinge, sondern auch für deren Eltern tut und ihnen ermöglicht. Arbeiten im Schichtbetrieb ist eine sehr große Herausforderung, und trotzdem schafft Ihr es, so feinfühlig und verständnisvoll mit Euren Patienten und uns Eltern umzugehen. DANKE!
“Finya” übrigens wurde zwei Wochen vor ihrem Geburtstermin altersentsprechend entwickelt entlassen, und ist mittlerweile eine höchst aktive und risikofreudige junge Dame, die mit ihren zwei Jahren nur so durchs Leben wirbelt.